Der Verleger Gustav Kiepenheuer, der seine produktivste Zeit in Potsdam
verlebte, formulierte einmal: »Im Verleger verkörpert sich das
Gesicht seiner Zeit«. Dies trifft auch auf die Potsdamer Verlage in drei
Jahrhunderten zu passiv, weil sie von den Bedingungen und Anschauungen ihrer
Zeit geprägt wurden, aktiv, weil sie auf ihre Weise im Rahmen ihrer
Möglichkeiten auf die wissenschaftliche, kulturelle, wirtschaftliche und
gesellschaftliche Entwicklung Einfluss nahmen. Einige taten dies auch im
öffentlichen Leben, darunter zwei als Stadtverordnetenvorsteher, einer als
Polizeidirektor in Potsdam.
Allgemein gesagt, hat der Verleger Autoren zu gewinnen, aktiv auf Inhalt und
Gestalt des Buches oder der Zeitschrift einzuwirken, zwischen Autor bzw.
Herausgeber, Illustrator, Buchgestalter, Setzer, Drucker, Buchbinder und
Buchhändler mitwirkend die Verbindung herzustellen. Aber auch die
Ökonomie darf der Verleger nicht aus den Augen verlieren.
Groß ist der Unterschied der Tätigkeit des Verlegers, ob er
schöngeistige oder fachliche Literatur verlegt. Bei den relativ kleinen
Potsdamer Verlagen finden wir aber oft beide Gebiete. Die ursprüngliche
Verquickung von Verlag, Druckerei und Vertrieb, meist schon um 1800 durch
Spezialisierung beendet, findet sich in Potsdam bis in das 20. Jahrhundert.
Ein Schwerpunkt der meisten Verlage im gesamten Zeitraum seit 1722 ist Literatur
über Potsdam, Brandenburg und Preußen als Geschichtswerk, Roman,
Lyrik, Militaria, Bildband oder Kartenwerk. Die Verbindung zu Potsdam ist
häufig auch emotional, typisch ist oft die Abgrenzung zu Berlin und das
Bemühen um eigene Profile.
Georg Belitz tat dies 1727 beim Verleger Rüdiger noch anbiedernd mit den
Versen »Berlin, du bleibest wohl ein Sitz der Herrlichkeiten… Du
gehst die Schwesternschaft mit Potsdam willig ein, und dieses will dafür
sein Licht von Deinem borgen, es will. Dein naher Mond, Du solt die Sonne
seyn«.
Eugen Diesel schreibt 1932 viel selbstbewusster an Karl Heidkamp für den
PROTTE-VERLAG, Potsdam sei von Berlin »keineswegs erdrückt worden,
vielmehr muss man sich fragen, was Berlin ohne Potsdam wäre. Potsdam
verklärt den Deutschen Berlin… Potsdam ist nicht intellektuell,
hingegen ist es künstlerisch und geistig auf Grund der Echtheit seines
ganzen Wesens«.
Die Verlagstätigkeit in Potsdam beginnt mit der großen
Stadterweiterung durch Friedrich Wilhelm I., die auch die wirtschaftliche
Belebung mit sich brachte. Im Jahre 1722 erhielt Bartholomäus Neumann die
Konzession zur Einrichtung einer Druckerei mit Verlag und Buchhandlung. Bis zu
den Steinschen Reformen Anfang des 19. Jahrhunderts blieb die Zahl der Verlage
in Potsdam gering, einerseits durch den Zwang zu Konzessionen oder Privilegien,
andererseits durch die überlegene Berliner Konkurrenz und die auch
behördlich vertretene Auffassung, dass sich mehr als ein Verlag –
damals immer mit Buchhandlung – in Potsdam nicht halten könnte. Im
Gegensatz dazu wichen berühmte Verleger wie Haude und Horvath nach Potsdam
aus, weil sie in Berlin keine Konzession erhielten oder später
beispielsweise die Kiepenheuers, weil ihnen Potsdam so über alle
Maßen gut gefiel.
Die umfangreichste Tätigkeit entfalteten Potsdamer Verlage vom Ende des
19. Jahrhunderts bis Mitte des 20. Jahrhunderts. Nach der Wiedervereinigung
1990 verlagerten einige Verlage ihren Sitz nach Potsdam oder wurden neu
gegründet.
(aus dem Vorwort)
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