Umleitung
Der Produktionsbote Helmut Bransky, später vielgefragter Aufnahmeleiter,
hatte im Frühjahr 1949 während des Films "Rotation" vom
"Staats-Kontor" eine Sonderzuteilung von 400 Zigaretten abzuholen.
Sie sollten als "Lohn" für die vielen Komparsen und freiwilligen
Helfer, vor allem Polizisten, ausgegeben werden. Unterwegs geriet der
"Material-Transport" in eine Schwarzmarkt-Razzia - und auch der
provisorische DEFA-Ausweis konnte nicht verhindern, daß die Zigaretten
auf gänzlich andere Art und Weise der Polizei zukamen.
Auto-Technik
Bei Dreharbeiten zu "Treffpunkt Aimee" an der Transit-Autobahn hatte
es arge Verspätungen gegeben: Ein "Moskwitsch" des
DEFA-Fuhrparks war unterwegs liegengeblieben und mußte von dem zweiten
PKW zeitraubend herangeschleppt werden. Ärgerlich-neidvoll bemerkte der
Aufnahmeleiter Fritz Delp angesichts der vorbeirauschenden
"Westschlitten": "Damit wäre uns das erspart geblieben!"
Plötzlich ein Angstschrei: Ein PKW war auf der nassen Fahrbahn ins
Schlingern geraten, rammte gegen eine Bordkante und kam nach einem
"Looping" erst kurz vor der Filmmannschaft zum Stehen. Der aus seinem
Ford-"Weltkugel" leichenblaß aussteigende Fahrer war der
Westberliner Komponist Gerhard Froboess (u.a. Laß die Sonne wieder
scheinen, Ja, so ein Mädchen mit 16) mit seiner berühmten Tochter
Cornelia ("Pack die Badehose ein", "Wenn die Conny mit dorn
Peter"). Den Schock überwindend, fand er angesichts des
"ostdeutschen Empfangskommitees" rasch seinen Humor wieder:
"Aber liebe Kollegen, so viel Ehre war doch nicht nötig!"
Später meinte er in Anbetracht seines abgeklappten Vorderrades mit Blick
auf die beiden DEFA-Autos sowjetischer Fabrikation und damit ungebändigte
Heiterkeit der Erleichterten auslösend: "Mit solch robustem Wagen
wäre uns das sicher nicht passiert!"
Eindrucksvoll
Da der Ford in einer Dessau nahegelegenen Werkstatt trotz intensiver und
kunstvoller Bemühungen nicht repariert werden konnte, wurden die
Unfallgeschädigten kollegial mit einem DEFA-Auto nach Drewitz-Dreilinden
gebracht. "Das war sicher ein schreckliches Erlebnis", befragte der
Fahrer Conny Froboess. "Ja", bestätigte die Großstadtpflanze,
"das war zum Fürchten - ein Plumpsklo hatte ich bisher noch nicht
erlebt!"
Sex-Expreß
"Sieke" Urbach war trotz zwei der Leinwandkunst geopferter Finger,
auch weitere Gefahr nicht fürchtend, ein in Rauchschwaden erprobter und
mit Knallkörpern hantierender geschätzter Pyrotechniker. Im
Schloßhof von Meissen waren für "Fünf Tage - Fünf
Nächte" Granatwerfereinschläge zu simulieren, die sich aber bei
der Probe als völlig unzureichende "Nonnenpfürzchen"
erwiesen. Sieke suchte nach pulverkomprimierendem Material.
"Gummi vielleicht..." meinte ein Kameraassistent. Wegen des knapper werdenden
Sonnenlichts war höchste Eile geboten. Innerhalb von Sekunden startete ein
Jeep mit "karacho" in die Stadt. Mit quietschenden Bremsen hielt er
vor einer Drogerie. "Sieke" riß die Ladentür auf und
verlangte lauthals "bitte sofort drei Pakete Präservative!"
Der Drogist reichte verstört die Pakete über die schockierte,
zumeist weibliche Kundschaft dem Ungeduldigen zu. Der rief nur noch:
"Rechnung bezahlt die DEFA!" sprang in den davonbrausenden Wagen und,
sehnsuchtsvoll erwartet, verteilte er am Drehort seine Explosionshilfen.
Gemeinsam mit Pulver abgefüllt, vielfach unter das Pflaster gepackt,
wurden die "Einschläge" gerade noch zeit- und militärgercht
gezündet.
Nach gelungener Aufnahme fuhr Siecke zur Drogerie zurück, um sich zu
entschuldigen. Der Drogist: "Schon gut - ich habe mich ja nur gewundert:
warum es die beim Film bloß immer so eilig haben?"
Rollentausch
In der Babelsberger Filmhochschule hatte die Prüfungskommission den
Diplomfilm einer aus den Fächern Buch, Regie, Kamera und Schnitt
zusammengesetzten Studentengruppe zu beurteilen. Sein Titel
"Großstadtverkehr". Es war offenbar eine "moderne
Arbeit", denn der "Handlungsfaden" wurde keinem so recht klar.
Die übernächtigten und aufgeregten Absolventen versuchten vergeblich,
die Konzeption ihres gerade erst fertig gewordenen Films zu erklären. Da
übernahm überraschend "Regie-As" Konrad Wolf selbst die
Deutung. Niemand wagte zu widersprechen und so wurde die Arbeit "in
Anerkennung des sichtlichen Engagements der Diplomanden und der ausgezeichneten
Teilergebnisse" insgesamt mit "sehr gut" bewertet.
Beim Verlassen des Kinosaals zog der Vorführer seinen für das
Kameraurteil zuständigen Duzfreund Erwin Anders beiseite: "Is mir ja
fürchterlich peinlich ..., et war so funzelich im Räume .... aber die
Solventen hätten ja auch wat sagen können ..., die Büchsen
waren ooch nich richtich lesbar ..., also, ick jlobe ..., ick habe die Rollen
verwechselt."
Rotation
Bei Tonaufnahmen für den Film Jungfer, sie gefällt mir, sehr frei nach
Lessings "Minna von Barnheim", drang von irgendwoher plötzlich
ein schnarrendes Geräusch ins Atelier, so daß abgebrochen werden
mußte. Und, wie verteufelt, immer wenn mit dem Dialog neu begonnen wurde,
schaltete sich auch der anonyme "Störsender" wieder ein.
Regisseur Günter Reisch irritiert und ungehalten: "Verdammt, wer ist
denn das?"
Darauf Schauspieler Herwart Grosse: "Wahrscheinlich Lessing, der sich im
Grabe umdreht!"
Jubel-Panne
Vorführer Erwin Gens, langjährig zuvor beim Landfilm mit einer
transportablen Vorführanlage unterwegs, erzählte uns in Rauchpausen
immer wieder lachend die Geschichte, als er noch mit transportabler
Kino-Appartur über Land fuhr. Anstandshalber lachten auch wir zu seiner
Freude immer wieder mit.
Da für den "Landfilm" nur wenig Kopien zur Verfügung standen
und deshalb auch schlecht vorauszuplanen war, konnte den vergnügungsdurstigen
Dorfeinwohnern in ihrer Kneipe der Filmtitel meist erst mitgeteilt werden, wenn
die erste Rolle bereits in die "TK 35" eingelegt worden war.
Proteste erwirkten eine Anweisung an die Kreisfilmdirektion, die Filme
wenigstens einige Tage vorher anzukündigen. Aber auch das funktionierte
selten. Während Gens einmal noch mit dem Aufbau der Anlage beschäftigt
war und die Zuschauer schon "strömten", rief der Wirt ihm von der
Theke lauthals quer durch den Saal zu, was er gerade telefonisch vom Dispatcher
erfahren hatte: "Fräulein von Scuderie defekt, schicken Lustige Weiber".
"Nie wieder", so Gens glaubwürdig, "ist bei einem DEFA-Film
schon vor Beginn so gejubelt worden!"
Kurzfassung
Diese Episode wird dem Filmzaren "Atze" Brauner nachgesagt. Er hat sie
mir bei der Babelsberger Filmnacht 1993 vieldeutig lächelnd weder
bestätigt noch dementiert.
Ein junger Drehbuchautor legt dem "Allmächtigen" hoffnungsvoll
sein "Erstwerk" vor. Der blättert das Manuskript diagonal durch
und reicht es gönnerhaft zurück: "Nicht untalentiert, aber an
einem idealen Drehbuch fehlt da noch etwas: Religion muß rein,
adelsverbundene High-Society, trotzdem volksnah, dann natürlich
Sex, aber doch anständig und höflich bleiben."
Der "Erstling" irritiert: "Aber das alles kann man doch
unmöglich in einem 90minütigen Film zusammenbringen..."
- Darauf der "Boss" jovial: "Ich kann es Ihnen in einem
einzigen Satz sagen: 'Mein Gott, Herr Graf, sagte die Raumpflegerin,
nehmen Sie doch bitte die Hand von meinem Knie!'."
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